Herr Mack, Sie haben vor nun schon 30 Jahren - 1991 - die MSE gegründet. Was hat Sie damals zu diesem Schritt in die Selbständigkeit bewogen? Wie fing alles an?
Fritz Mack: Es war wohl der Wunsch, mal etwas ganz Neues zu machen, das Unbekannte oder „das Abenteuer“, das hat mich immer schon gereizt. Abenteuer heißt natürlich auch, dass man sich auf Entbehrungen einstellen muss. In meinem Fall war das zu Anfang ein knappes dreiviertel Jahr, ohne einen Pfennig Verdienst - mit 34 Jahren, Frau und Kind. Gegen Ende dieser Zeit absoluter Ungewissheit habe ich gesagt, ich mache noch einen Monat weiter, dann suche ich mir wohl notgedrungen wieder einen Job als Angestellter. Und genau in diesem Monat ging die Saat auf und die Aufträge kamen in Vielzahl. Von da an gings bergauf mit der MSE. MSE steht für Mack Software Entwicklung, oder inzwischen – wie es ein Kunde genannt hat - auch für Mit Sicherheit Erfolgreich. (lacht)
Ich habe Kunden beraten und für Siemens, Bosch und für sehr viele andere Unternehmen kleinere Programme geschrieben. Anfang der 90er-Jahre war ein Computer immer noch ein exotisches Ding in vielen Büros und die Mitarbeiter standen sehr häufig dem ganzen EDV-„Kram“ durchaus skeptisch gegenüber. Die Geräte stürzten ab und die Arbeit war verloren. Viele hatten Angst sich zu blamieren, sicher mit ein Grund für die Skepsis. Hier erkannte ich das Potenzial von Schulungen.
Schulungen standen am Anfang. Jetzt programmiert die MSE für Weltmarktführer. Was war Ihr erster Programmierkontakt?
Fritz Mack: Ich habe 1978 einen programmierbaren Taschenrechner von einem Arbeitskollegen für sehr wenig Geld bekommen, gegen Ende meiner Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker. Das war der erste Kontakt mit Programmierung. Da habe ich gemerkt, dass mir das besonders liegt. Aber schon damals sah mein Chef die Entwicklung weg von reparierbaren Fernsehern hin zur digitalen Technik. Beides zusammen weckte in mir den Wunsch, Physik mit Nebenfach Informatik zu studieren - mit dem in meinem Fall notwendigen Umweg Berufsoberschule zum Abitur.
Da waren Sie 21 Jahre alt. Die heutigen Kommunikationsmittel gab es damals noch gar nicht.
Fritz Mack: Ja, es gab nur elektrische Schreibmaschinen und Fernschreiber. Kommuniziert wurde nur per Telefon, Brief und Telex – ich habe diese gelben Lochstreifen noch gut vor Augen. Es gab keine Handys, kein Internet, keine E-Mail, kein WLAN, überhaupt keine Netzwerke, stattdessen viele Telefonzellen und Briefkästen (lacht).
Können Sie sich noch an Ihr erstes Programm erinnern?
Fritz Mack: Noch ganz genau! (lächelt) Das war in der Schule die Bundestagssitzverteilung nach d’Hondt, die die Anzahl der Sitze anhand der Wählerstimmen berechnet. Eigentlich sehr einfach, aber die große Schwierigkeit bestand darin, diese Programmierung mit den 50 Programmschritten meines TI57-Taschenrechners zu lösen.
Was heißt „50 Programmschritte“?
Fritz Mack: Ein Programmschritt entspricht etwa einem Tastendruck. Und genau das war die große Herausforderung. (lächelt etwas wehmütig, und zufrieden)
Wie ging’s dann von der Schulung Richtung Programmierung?
Fritz Mack: Das war ein fließender Übergang, weil ich Trainer für Datenbankprogrammierung war. Viele meiner „Schüler“ waren mit der Programmierung überfordert und haben mich deshalb beauftragt. Eine ganze Reihe dieser Kunden haben wir auch heute noch. Was früher Systeme waren, die an einem Einzelplatz ausgeführt wurden (damals waren die technischen Möglichkeiten sehr begrenzt bzw. teuer), entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer Datenbank für eine ganze Abteilung. Heute sind es unbegrenzt viele Nutzer auf verschiedenen Kontinenten und in verschiedenen Zeitzonen rund um die Uhr, 24 Stunden / 7 Tage.
Ein riesiger Technologiesprung innerhalb kurzer Zeit. Haben Sie dafür ein Beispiel?
Fritz Mack: Anfang der 90er Jahre bearbeitete ein einziger Sachbearbeiter im Risk Controlling eines großen Automobilherstellers einen eng bedruckten A3-Endlospapierstapel von knapp einem halben Meter Höhe und wertete das Zahlungsverhalten von 10 bis 15 Risiko-Kunden daraus aus. Dafür brauchte er einen ganzen Monat! Mit dem von mir entwickelten Programm von 1995 konnten alle Kunden in einem Monat analysiert werden. Die technische Entwicklung ermöglichte später, dass nicht nur ein Mitarbeiter, sondern eine ganze Abteilung auf diese Daten zugreifen konnte. Der nächste Erweiterungsschritt war dann, dass die Daten nicht mehr monatlich, sondern täglich ausgewertet werden können. Seit ein paar Jahren erfolgen die Auswertungen in Echtzeit.
Wie beurteilen Sie das Ganze in der Rückschau?
Fritz Mack: Rückblickend ist es natürlich ein gewaltiger Technologiesprung innerhalb von 25 oder 30 Jahren. Letztendlich war es aber „nur“ eine kontinuierliche technische Weiterentwicklung des „immer schneller/höher/weiter“ verbunden natürlich mit ständig steigender Herausforderung an die Programmierer.
Wann wurde denn aus der One-Man-Show mehr?
Fritz Mack: Bereits ein Jahr nach Firmengründung kam ein Mitarbeiter dazu, dann noch einer, und noch einer und einer davon war Jens Lauterbach, der nun schon seit weit über 10 Jahren mein Partner ist.
Herr Lauterbach, war das die richtige Entscheidung?
Ich habe den Schritt nie bereut, neben der Programmierung auch einen Teil der Aufgaben in der Geschäftsführung zu übernehmen. Insofern war es wohl die richtige Entscheidung 😊
Was war Ihre größte Herausforderung?
Fritz Mack: Es gab viele größte Herausforderungen (zwinkert), z. B. die Finanzkrise 2008, die uns zwang, Personal abzubauen. Aber die ständig größte Herausforderung ist, eine komplexe Software zu entwickeln und zu bauen, die bei international operierenden Kunden permanent und zuverlässig läuft.
Sie programmieren also mit Leidenschaft?
Fritz Mack: Ohne Leidenschaft geht’s gar nicht. Man braucht ein großes Maß an Begeisterung, sonst verliert man die Lust an der permanenten beruflichen Weiterentwicklung und an neuen Technologien. Dabei ist es gerade dieses permanente Lernen, das die Freude an der Arbeit erhält. Umgekehrt schöpfe ich aus der Neugier auf neue Technologien auch immer wieder neue Leidenschaft – ein wunderbarer Kreislauf!
Jens Lauterbach: Das Programmieren ist ja nur ein Teil des komplexen Systems der Software-Entwicklung, die mit dem Kundenkontakt beginnt, das Kennenlernen der Geschäftsprozesse beinhaltet und dann erst in die eigentliche Programmierung mündet.
Ich finde gerade diesen Prozess außerordentlich interessant und inspirierend. Was aber natürlich nicht heißt, dass man sich nicht auch mal leidenschaftlich in ein spezielles Programmierproblem verbeisst …
Was ist für Sie das Wichtigste an einem Projekt?
Jens Lauterbach: Die Zusammenarbeit mit dem Kunden, das Kennenlernen und Verstehen der Geschäftsprozesse und dann der Modellierung der Software aus diesen Erkenntnissen.
Und das Wichtigste für Ihre Kunden?
Fritz Mack: Wir arbeiten verlässlich, sind ein inhabergeführtes Unternehmen, haben flache Hierarchien und einen guten Team-Spirit.
Jens Lauterbach: Besonders freuen wir uns über die komplexen Aufgabenstellungen von weltweit führenden Unternehmen.
Fritz Mack: Und durchaus etwas stolz sind wir auf das 30-jährige Firmenjubiläum in diesem Jahr – in der IT-Branche schon eine lange Zeit.
Angesichts der heutigen Herausforderungen sehr beruhigend.
Fritz Mack: Ja, und eine so lange und intensive Zusammenarbeit schweißt zusammen, unsere Auftraggeber mit der MSE als Programmierer und Entwickler und all die langjährigen Mitarbeiter.
Und was waren bzw. sind für Sie die größten Hürden?
Fritz Mack: Die überbordende Bürokratie, die so manchen Bürotag auffrisst.
Ihr größter Fehler?
Jens Lauterbach: Ich denke, ich habe mich seinerzeit für das falsche Studienfach entschieden. Statt Mathematik hätte ich lieber Informatik wählen sollen, wenn ich mir meinen beruflichen Werdegang danach so anschaue. Mein größter Fehler war, dieser Erkenntnis nicht zu folgen und die Fachrichtung zu wechseln.
Was würden Sie im nächsten Leben anders machen?
Jens Lauterbach: Informatik statt Mathematik studieren 😊
Wer darf Ihnen sagen, dass Sie falsch liegen?
Jens Lauterbach: Sagen darf das erst mal jeder – er oder sie muss mich dann aber auch davon überzeugen können, dass ich wirklich daneben liege. Und sie oder er sollte damit klarkommen, wenn sich herausstellt, dass ich doch recht habe …
Fritz Mack: Jeder, aber man muss es begründen können. Es gibt nichts Schöneres als zu versuchen, einen vermeintlich falschen Programmieransatz auszuhebeln. Gelingt das nicht, dann hat man trotzdem gewonnen.
Welchen Ratschlag würden Sie jungen Leuten geben, die in die IT einsteigen wollen?
Jens Lauterbach: Heutzutage ist die IT-Landschaft so vielfältig, dass man sich schon auf ein Gebiet spezialisieren sollte; dabei darf man aber den Überblick über die anderen Bereiche nicht außer Acht lassen. Für die Software-Entwicklung steht und fällt der Erfolg mit dem Grundwissen. Das ist das Fundament, auf dem alles andere aufbaut, und wer das nicht hat, wird irgendwann auf die Nase fallen.
Fritz Mack: Sie sollten ein gutes Buch über Algorithmen und Datenstrukturen durcharbeiten, bis sie es WIRKLICH verstanden haben. Alles andere – seien es Cloud, künstliche Intelligenz, Datenbanken, Webentwicklung usw. – baut auf diesen Grundlagen auf. Ohne Grundlagen kein Erfolg. Ich wundere mich immer wieder über mangelnde Grundlagen bei Bewerbern.
Wenn Sie eine berühmte Persönlichkeit – egal ob lebendig oder tot – treffen dürften: Wer wäre es?
Jens Lauterbach: Stephen Hawking.
Fritz Mack: Albert Einstein.
Was können Sie nur mit Humor ertragen?
Fritz Mack: die Politik, aber mit GALGENhumor.
Wenn Sie sich ein Land aussuchen könnten: In welchem würden Sie gerne leben?
Jens Lauterbach: In Dänemark könnte ich mich wohlfühlen, glaube ich …
Fritz Mack: Die Mentalität der Südamerikaner liegt mir sehr.
Welche Dokumentation/ Dokumentarfilm muss man zwingend gesehen haben?
Fritz Mack: Ich bewundere Ernest Shackleton und seine Südpol-Expedition. Faszinierend sind auch die sozialkritischen Fotos von Sebastiao Salgado, sein erschütternder Film mit Wim Wenders ‚Das Salz der Erde‘ und Salgados erfolgreiches Projekt zur Wiederaufforstung großer Regenwälder mit seinem Instituto Terra.
Welche Bücher / Schriftsteller sind Ihnen wichtig?
Fritz Mack: Die Bibel, „Die Elenden“ von Victor Hugo, oder Tolstoi, Dostojewski, J.F. Cooper, Charles Dickens, Camus, Orwell… Hier reicht glaube ich der Platz nicht aus. 😊 Eine schöne Alternative zum Buch lesen ist Buch hören. Vor allem im Auto auf längeren Fahrten sehr praktisch.
Jens Lauterbach: "Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien
Es geht das Gerücht um, dass bei MSE am Freitag immer ein ganz bestimmtes Ritual zelebriert wird?
Fritz Mack: Ja! Vor rund 15 Jahren erhielten wir als Werbegeschenk einen kleinen Elektrogrill. Dieser stand fast ein Jahr lang unbeachtet in einer Ecke. Eines Freitags kam uns die Idee, ihn auszuprobieren. Das hat uns dann so gut gefallen, dass wir es beibehalten haben. Seitdem spendiert die Firma jedem Mitarbeiter am Freitag ein dickes Steak. Der Grill wurde mit der Zeit perfekter, die Qualität aber auch. Erwähnenswert ist sicher auch, dass wir das ganze Jahr hindurch im Freien grillen.
Und im Winter?
Fritz Mack: Freitage gibt es auch im Winter! (lacht).
Jens Lauterbach: Das ist eines unserer Einstellungskriterien! (lacht ebenfalls)
Fritz Mack: Für den Laien schwer zu glauben, aber wahr: es ist weniger anstrengend, bei -20 Grad zu grillen als bei +35 Grad. Am schönsten ist es im dichten Schneetreiben. Ich weiß nicht warum, aber viele Kunden legen ihre Besuchstermine bei uns auf einen Freitag. 😊
Wir sind ein inhabergeführtes Unternehmen und setzen komplexe Aufgabenstellungen von weltweit führenden Unternehmen um, seit nunmehr 30 Jahren.
Wir arbeiten in kleinen Teams mit gutem Spirit. Flache Hierarchien und kollegiales Arbeiten ermöglichen sowohl hohe Effizienz als auch Flexibilität. Regelmäßige Weiterbildung ist bei uns selbstverständlich, leistungsorientierte Bezahlung und umfangreiche Sozialleistungen ebenfalls. Aber auch unsere Naturalleistungen sind nicht zu verachten, z.B. ein saftiges Steak, beim gemeinsamen Grillen an jedem Freitagmittag!